Die Tourismusentwicklung in den Destinationen in Deutschland ist in vielen Bereichen erheblich professioneller geworden. Dennoch gilt vielfach noch immer das gute alte „Me-too-Prinzip“ und wenig innovative und wirklich originäre Projekte und Angebote werden entwickelt. Gleichwohl geraten zahlreiche Tourismusentwicklungsprojekte gemäß dem Produktlebenszyklus in den sinkenden Kurvenbereich, die Reinvestitionsphase. Gästezahlen stagnieren und für eine nachhaltig starke Wettbewerbspositionierung fehlen Geld und Visionen für innovative Projekte und Relaunches. Was kann man im gesättigten Markt aber noch innovativ planen?
Überblick, was die Marktnachfrage bzw. verschiedene Zielgruppen wünschen, versprechen viele Forschungsinstitute und Marketingberatungen. Mehr oder minder repräsentative Befragungen online, am Urlaubsort oder in Destinationen, Trendanalysen, Zielgruppenprofile nach demografischen, soziologischen oder geographischen Kriterien etc. werden herangezogen und gedeutet. Aber verhält sich der Gast wirklich wie prognostiziert oder ist alles nur Vogelflugdeuterei?
Die verlässlichste Information kommt natürlich vom Gast selbst; und zwar nicht in der Absichtserklärung - Befragungen führen oft bewusst oder unbewusst auf falsche Fährten - sondern in der Beobachtung seines Verhaltens: Was bucht er? Welche Sehenswürdigkeiten und Einrichtungen besucht er planmäßig oder spontan? Wie vernetzt er verschiedene Interessen wie Kultur, Erholung, gutes Essen oder Sport?
Um hierüber Informationen zu erhalten, ist Customer Relationship Management (CRM) ein Schlüssel zum Erfolg. Fluglinien oder Hotels (meist Kettenhotellerie) nutzen es, Destinationen meist noch nicht oder rudimentär.
Unter CRM wird allerdings sehr Unterschiedliches verstanden. Es handelt sich nicht um eine Software, sondern sollte ein strategisches Aufgabenfeld aller Unternehmen sein, seine Kundenbeziehungen möglichst erfolgreich zu gestalten. Dazu müssen Unternehmen bzw. unternehmerisch agierende Destinationen ihre Kunden kennenlernen und mit ihnen kommunizieren.
CRM hat also mit Servicemanagement zu tun und beginnt beim qualitätvollen Dialogmarketing und reicht mittels Web 2.0-Technologie und mobilen Services bis zum komplexen E-Business-System mit Marktforschung, Individualisiertem Marketing und Dynamic Packaging.
CRM ist zunächst schlicht die systematische Planung des Umgangs und Managements von Kundenbeziehungen - und dabei kommt es entscheidend auf Dialog und Individualität der Kommunikation an. Entscheidende Grundlage ist also, alles Wissen über den Kunden zu erfassen, um mit ihm - auch wenn er anonym bleibt - "persönlich" kommunizieren zu können. Jedem Kunden sollte für seine multioptionalen Wünsche, die ihm oft selbst nicht bewusst sind, ein differenziertes und individuelles Angebot unterbreitet werden können.
Kein Kulturreisender verhält sich so einschichtig, wie es die Marktforschungsschemata anzeigen und eilt von Konzert zu Konzert; kein Wanderer widmet sich ausschließlich dem Trekking; kein Gesundheitsgast verbringt den ganzen Urlaub im Wellnessbereich. Jeder Reisende nimmt sich in unterschiedlichen Dosen von allem etwas.
Für eine interdisziplinäre Informationsaufbereitung sind die meist thematisch organisierten Informationsmedien der Destinationen nicht flexibel genug bzw. werden ungeordnet.
Die klassische Pauschale ist ohnehin viel zu statisch und taugt meist noch nicht einmal als Reiseanregung.
CRM bietet nun die Möglichkeit, Informationen über das Kundenverhalen zu erfassen und darauf passend zu reagieren. Elektronische CRM-Techniken ermöglichen sogar eine sich automatisch generierende individuelle Informationsweitergabe. Diese "persönliche" Beratung des Kunden kann künftig nicht nur in der Reisplanung am PC erfolgen, sondern den Kunden auch mit mobilen Services durch alle Reisephasen begleiten. Datenschutzrechtliche Probleme sind dabei zuverlässig gelöst.
Wo dies möglich ist, verweilt der Gast länger auf den Websites der Anbieter, findet vielseitig Überraschendes, was ihn länger beim Besuch in der Region hält, so dass er zusätzlich individuellen Service in Anspruch nehmen kann.
Vorteile liegen einerseits klar in einer Erhöhung der regionalen Wertschöpfung, indem jeder Gast potenziell werthaltiger wird, und andererseits in einer Verbesserung der regionalen Servicequalität in Information und Verkauf sowie in der besseren Vernetzung der Wertschöpfungsketten verschiedener Partner in der Region.
Dies klingt komplex, geht aber an die Wurzel touristischen Verhaltens und bietet wirkliche, für den Kunden spürbare Innovationen für die Destination.
Dabei kann man bescheiden anfangen und schrittweise aufbauen. Segmente der Verbesserung von CRM-Akivitäten versucht z.B. Oberstaufen im Allgäu mit der OberstaufenCard und werbewirksamen Kommunikationsaktivitäten.
Der wirtschaftliche Erfolg gibt Recht, und warum sollten nicht andere Destinationen oder Tourismusgemeinden nach ihren Erfolgsmodellen suchen?
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