Aber dem Mensch lebt nicht vom Brot allein. Alle weiteren öffentlichen Leistungen zählen zu den freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben: dies sind die Maßnahmen zur direkten Gestaltung des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden, für die es keine staatlichen Rechtsvorschriften oder Weisungen gibt und über die die Kommunen eigenständig und in eigener finanzieller Verantwortung entscheiden können, wie z.B. Kulturausgaben, Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens der Gemeinde, Standortmarketing, Wirtschaftsförderung, Imagepflege, aber auch Ergänzung, Modernisierung oder Verschönerung der Infrastruktur sowie Innovationen jeder Art, soweit sie nicht lebensnotwendig sind - z.B. auch im Bereich der Energiewende und der Entwicklung von Nachhaltigkeit. Mithin sind freiwillige Aufgaben also wesentliche öffentliche Aufgaben der Zukunftssicherung des Standortes und Gemeinwesens.
Für beides, Pflicht- und freiwillige Aufaben, reichen aber die Mittel nicht mehr. Das Problem liegt besonders im Sozialsektor, wo nicht nur wirtschaftliche Depressionen wie Massenarbeitslosigkeit und soziale Verelendung die Kommunen fordern, sondern auch der Augabenkatalog für Transferleistungen oder infrastrukturelle Mindeststandards exorbitant vergrößert wurde z.B. aktuell auch durch den 2008 politisch verordneten Krippenausbau, über dessen gigantische Kosten in den Kommunen man im politischen Gefecht, wer das Thema am schnellsten besetzen kann, großzügig hinweggesehen hat.
Die konjunkturell oder politisch vorgegebenen Pflichtaufgaben können in vielen Kommunalhaushalten mit Einnahmen nicht mehr ausgeglichen werden. Im Schnitt sind etwa 85% der kommunalen Haushalte von Gemeinden und Kreisen sind durch Pflichtaufgaben, für die kein besonderer Gestaltungsspielraum möglich ist, gebunden - in Einzelfällen liegt die Quote sogar über 100%, kann also nur noch durch neue Schulden bedient werden.
Daraus wird die Misere der Kommunen leicht ersichtlich: wenn höchstens das Geforderte erledigt werden kann, lebt das Gemeinwesen wie ein Tagelöhner von der Hand in den Mund. Verfall der Infrastruktur und des gesellschaftlichen Lebens einer Kommune sind die Folge, ebenso wie eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität. Es fehlt jede Perspektive für Zukunftsgestaltung und damit auch eine nachhaltige Sozialentwicklung. Daraus setzt dann rasch ein Teufelskreis ein, denn nach dem Broken-Windows-Prinzip erhöhen sich die sozialen Kosten und Probelme bei rückgängigen Einnahmen.
Kommunale Spitzenverbände machen - leider ohne sichtbaren Erfolg - schon länger auf das Dilemma aufmerksam, dass die Zukunftssicherung dem Tagesgeschäft geofert wird. Man braucht nicht erst in den Mittelmeerraum zu schauen, um krisenhafte öffentliche Finanzen zu sehen. Die Tatsache, dass es in Griechenland schlechte ist, heißt nicht, dass es in Deutschland gut ist. nach amerikanischem Vorbild vervespert auch unser reiches Land (zumindest im öffentlichen Sektor) all seinen finanziellen Reichtum; für morgen und die nächste Generation bleiben Schulden und ausgelaugte Infrastruktur. Die nächste Wirtschaftsschwäche wird das Land wieder heftig treffen, weil in besseren Zeiten keine Rücklage, sondern nur weniger Schulden gemacht wurden. Nachhaltiges Wirtschaften geht anders. Aber es wird (wie im TQM-Cartoon) unbeirrt weiter das falsche Tagesgeschäft bedient - anstatt die richtigen Prioritäten zu setzen.
Wir empfehlen Kommunen dringend, sich gerade bei angespannter Lage intensiver um Fragen der Zukunftssicherung zu kümmern. Die Abwärtsentwicklung ist nur dann unausweichlich, wenn man die Augen schließt. Für ein krisenhaftes Unternehmen ist klar, dass ein "Weiter so" in den Untergang führt; also muss es trotz geringer Spielräume gegensteuern, antizyklisch investieren und Möglichkeiten für effizientere Strukturen, geringere Kosten, höhere Einnahmen schaffen. Innovationsmanagement im regionalen und kommunalen Management ist ein Weg, lokal anzufangen, Zukunft wiederzugewinnen.
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