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Montag, 2. Januar 2012

Was bringen Gartenschauen?

Seit 1951 gibt es in Deutschland Bundes- und Landesgartenschauen. Die Bundesgartenschauen BUGA finden im Zweijahrestakt an den ungeraden Jahren statt, an den geraden Jahren dazwischen veranstalten die Länder eigene Landesgartenschauen LGS. Darüber hinaus gibt es in einigen Ländern wie Baden-Württemberg noch kleinere Veranstaltungen, sog. „Grünprojekte“. In einer der drei Kategorien können sich also Standorte bzw. Kommunen praktisch aller Größenordnungen beteiligen. Allein bei den BUGA haben schon zahlreiche Großstädte – einige gar zweifach oder Dortmund sogar 1959, 1969 und 1991 dreifach – ihren Strukturwandel und die Standortverschönerung organisiert.

Koordinator für BUGA ist die Deutsche Bundesgartenschaugesellschaft DBG, die ist die die Ausrichtung die Bewerbungen entgegennimmt und über die Vergabe entscheidet. Ein ähnliches Verfahren haben die Länder jeweils auch für die LGS. Mit der Vergabe sind Subventionen in Millionenhöhe verbunden, aber auch gleiche Anstrengungen kommen auf die ausrichtenden Standorte zu.

Bevor eine Stadt oder Region die Option für die Ausrichtung der BUGA für ein bestimmtes Jahr erhält, müssen sich alle Bewerber in einem Auswahlverfahren bewähren und mit ihren Konzepten überzeugen. Dazu sind Machbarkeitsstudien für die Konversion von unansehnlichen Standorten oder Quartieren erforderlich.

Eine Gartenschau bietet für den Standort viele positiven Aspekte, aber auch hohe Kosten und Risiken. Bei Investitionskosten von mehreren 10 Millionen Euro sind für die Frage der Beteiligung selbstverständlich der ökologische und ökonomische Sinn für den Standort bzw. die Kosten-Nutzen-Relation und die Nachhaltigkeit des Projektes zu klären.

Zwar steht der große Nutzen des öffentlichen Grüns in Kommunen völlig außer Frage, denn das Erlebnis von Landschaft und Natur gehört auch in urbanen Räumen zum Leben Nach ihrem Selbstverständnis schaffen Gartenschauen Parks, neue Freiräume und Erholungswerte für die Bürger; sie lassen Verbindendes, Bleibendes entstehen, renovieren und stiften eine neue Identität mit der Stadt. Aber sind die großen Kosten von bis zu 50 Millionen Euro dafür jeweils gerechtfertigt?





Die Gartenschauen haben seit Beginn der Bundesrepublik die Aufgabe gehabt, Umweltzerstörungen infolge von Krieg und schnellem Neuaufbau bzw. ausufernder Industrialisierung mit der Entwicklung unansehnlicher Brachen zu revitalisieren. Hauptaufgaben sind also in erster Linie große Infrastrukturprojekte zur Anlage von neuen Parklandschaften. Insofern sind sie Leuchtturmprojekte für Stadt- und Regionalentwicklung, Quartiersentwicklung und Wohnumfeldverbesserung, Sport-, Spiel- und Freizeitinfrastruktur und Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen. Das liegt alles im Bereich öffentlicher Aufgaben und insofern ist auch eine öffentliche Finanzierung – anteilig der Standort selbst und anteilig Land oder Bund – zu rechtfertigen. Immerhin sollen die Projekte langfristig zur Erhöhung des Lebenswertes und des Wohnwertes der Städte, zur Attraktivität der Standorte durch Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten und zur ökologischen Entwicklung beitragen.

Ob und wie das nachhaltig gelingt, zeigen Beispiele der zurückliegenden Gartenschauen. Teilweise hochattraktive Gelände sind dauerhaft entstanden und haben zur Standortentwicklung sehr wirksam beigetragen. Teilweise stellte sich aber auch eine geringe Nachhaltigkeit heraus, da mit Beendigung der offiziellen Veranstaltungen außer der Standortbegrünung keine echte Revitalisierung erfolgte und die Flächen angesichts hoher Unterhaltskosten mit der Zeit wieder vereinsamten. Teilweise stellte sich der Neuerungswert mancher Maßnahme auch als gering heraus und setzte bloß auf vordergründigen Effekt, wie 2011 in Koblenz die touristisch attraktive Seilbahn über den Rhein, die wieder abgebaut wurde, so dass eher marginale Verbesserungen am Deutschen Eck im Zusammenfluss von Mosel und Rhein oder an den gegenüberliegenden Festungsanlagen von Ehrenbreitstein übrig blieben.

Angesichts dieser Differenzen muss geprüft werden, wie für die Gesamtinvestition die ökonomische Bilanz in Zeiten knappen Geldes aussieht. Zur Refinanzierung veranstalten die Kommunen in der rund siebenmonatigen Öffnungszeit in der Regel ein enormes Veranstaltungsspektakel, um möglichst viele zahlende Besucher anzuziehen. Bei BUGA waren dies in den letzten Jahren durchschnittlich zwei Millionen Besucher, die somit einen erheblichen Deckungsbeitrag leisteten.

Die Notwendigkeit der Refinanzierung schafft allerdings ein undifferenziertes massentouristisches Brutalmarketing mit Megaevents, das eigentlich den Grundprinzipien der Gartenschauen widersprechen: Großveranstaltungen von Sendeanstalten mit Popstars und Tausenden von Besuchern trampeln die Positiveffekte schnell zusammen und verlagern die Inhalte des Besuchs auch: die Beschäftigung mit der Landschaftsentwicklung oder Anregungen für die eigene Gartengestaltung zu Hause werden praktisch unmöglich.

Hierbei ist eine intelligente regionale Tourismusentwicklung und -förderung gefragt. Sofern gute regionale Marketingkonzepte vorliegen – was oft versäumt oder zu spät begonnen oder leichtfertig „handgestrickt“ wird – können Gartenschauen auch über den Werbe-Hype des Veranstaltungsjahres hinaus zu einer langfristigen Imagewirkung, zu regionalen Kooperationen, neuer Identität und eine touristischen Marke beitragen.

Wichtig ist auch für die Vermarktung ein Konzept der Nachhaltigkeit, denn bloßes Eventmarketing mit international austauschbaren Stars verpufft meist zu schnell. Entscheidend ist die Einbindung der regionalen Lebensart, der Leistungsträger und Produkte. Die Herausforderung liegt also darin, die Beteiligung nicht nur des Stadtrates, sondern der ganzen Region zu begeistern und dabei ohne hausbacken zu werden die lokalen Stärken in ein strahlkräftiges Konzept zu projizieren.

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