Allerdings ist diese Analyse eine wichtige Grundlage zur Findung geeigneter Entwicklungsmaßnahmen für eine demokratische und lebenswerte Lebens-/ Sozialraumentwicklung, also auch zur frühzeitigen Vermeidung von sozialen Brennpunkten verschiedenster Art. Denn je nach Grad der sozialen und räumlichen Segregation kumulieren in bestimmten Gebieten einer Kommune die Problemlagen: Wirtschaftsentwicklung und Arbeitslosigkeit verändert die Nachbarschaft, Wanderungsprozesse verändern die Zusammensetzung der Bevölkerung und werfen Fragen nach dem Zusammenleben verschiedener ethnischer Gruppen auf, demographische Prozesse lassen einzelne Quartiere altern oder bewirken ebenfalls einen Bevölkerungsumbruch.
Die Sozialraumanalyse ist ein Ansatz, Lebensräume möglichst realitätsgetreu und wirklichkeitsnah abzubilden. Die Informationsbasis über die Lebenswelt, Lebensräume und die sie prägenden Strukturen, Form des Zusammenlebens, lokale Milieus, Zusammenhänge zwischen Bau- und Wohnformen und Wohlbefinden, Zukunftsfähigkeit bzw. Spannungen im Rahmen von gesellschaftliche Entwicklungen ist der Problemlage unangemessen. Die statistische Datenbasis ist in kaum einer Kommune systematisch entwickelt, häufig unzulänglich, unvollständig oder veraltet.
Obwohl das Grundgesetz mit der "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet" eine sozialräumlich ausgleichende Orientierung zum Ziel gibt es in Kommunen selten qualitative Verfahren zur Erfassung von Lebensverhältnissen und Problemlagen, obwohl sie für eine authentische Rekonstruktion der Lebenswelt unverzichtbar sind.
Lediglich im Bau- und Sozialrecht gibt es eindeutige Aufträge zu einer sozialräumlich ausgerichteten Analyse und Planung. Und gemäß Kinder- und Jugendhilfegesetz soll generell Jugendhilfe "dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen".
Ziel einer qualifizierten Sozialraumanalyse ist ein umfassendes, integriertes, kleinräumiges und aktuelles soziales Planungsinformationssystem. Sozialraumanalyse ist eine wesentliche Grundlage für Sozialplanung. Dabei geht es um - die stadt- bzw. landkreisspezifische Darstellung kleinräumiger Strukturen, Probleme und Entwicklungsvorhaben,
- die Klärung geeigneter Sozialraumzuschnitte (ab welcher Größenordnung geht der Lebensweltbezug verloren und inwieweit treffen offizielle Gebietsgliederungen faktische Lebenswelten?),
- die Darstellung von sozialer Ungleichheit und Unterversorgungslagen im Querschnitt und Zeitverlauf,
- die Ermittlung besonderer Bedarfsgruppen und vorrangiger Räume, denen in Zeiten knapper Finanzierung in erster Linie Unterstützung zukommen soll,
- die Ermittlung von Ressourcen und Potentialen nachbarschaftlicher Hilfen, sozialer Netzwerke und bürgerschaftlichen Engagements in den Quartieren,
- die Schaffung einer Informationsbasis für lokale Aushandlungsprozesse und damit ein höheres Maß an Transparenz
Beim Aufbau eines integrierten, kleinräumigen Planungsinformationssystems müssen zunächst Daten (im Rahmen üblicher Verfahren der empirischen Sozialforschung) ermittelt und Indikatoren gebildet werden, um ein verortbares aussagefähiges Tableau quantitativer und qualitativer Indikatoren.
Soziale Indikatoren sollen Basisinformationen über Sozialstruktur, soziale Lebens- und Problemlagen, sozialräumliche Entwicklung und Veränderungsprozesse sowie Wirkungsanalysen über sozialpolitische Maßnahmen liefern. Ein brauchbares System sozialer Indikatoren sollte darüber hinaus als "Monitoring" die dauerhafte und systematische Beobachtung sozialer Entwicklungen und Probleme ermöglichen. Zentrale Indikatoren für die Sozialraumanalyse sind Angaben zur Bevölkerungsstruktur, Erwerbs-, Einkommens-, Bildungs- und Wohnsituation, städtebaulichem Zustand, gesundheitlichen Lage, zu administrativen Interventionen und zur Infrastrukturausstattung.
Dieser Prozess sollte - wie das Gesamtkonzept der Sozialraumanalyse auf alle Fälle einem örtlichen Aushandlungs- und Bewertungsprozess unterzogen werden, da dies für die regionale Budgetzuteilung relevant werden kann. Die Vermittlung von Zwischenergebnissen in die Lebenswelt sowie auf die institutionelle und politische Ebene ist ein Erfolgsfaktor und sollte grundsätzlich als offener Kommunikationsprozess organisiert werden.
Sozialraumanalyse also zeigt auf, wo sich soziale Problemlagen zuspitzen und wie sich die verschiedenen Sozialräume im Vergleich entwickeln. Wertvolle Untersuchungen erklären, welche Vorzüge oder Nachteile, welche Stärken oder Schwächen, welche Potentiale oder Defizite einzelne Quartiere haben und verbessern damit die Platzierung einzelner Vorhaben, Projekte, Standortentscheidungen, Umwidmungen von Infrastruktureinrichtungen u.a.
Sozialraumanalyse dient damit als Entscheidungsbasis für eine optimierte Standort- und Kommunal- oder Regionalplanung. Sie kann Maßnahmenempfehlungen geben und die Grundlage für eine demokratische, bedarfsorientierte und effektive Verteilung der finanziellen Ressourcen geben.
Die Beauftragung einer integrierten Entwicklungsplanung für Stadt, Landkreis und Gemeinde ermöglichen eine chancenreiche und konfliktarme sowie attraktive Standortentwicklung, die in jedem Fall günstiger ist, als nachträgliche Fehlerkorrekturen von planerischem Wildwuchs.
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