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Montag, 18. Juni 2012

Mal Nachlässigkeit, mal Schlamperei


Bundesweit stecken Kommunen bis zum Hals in Schulden. In Rheinland-Pfalz hat der Verfassungsgerichtshof hat das Land dazu verdonnert, den Städten, Gemeinden und Kreisen ab 2014 deutlich mehr Geld zu geben. Sowohl die Verfassungsrichter als auch der Landesrechnungshof sagen aber auch: Die Gemeinden, Städte und Kreise müssen sich selbst erheblich mehr anstrengen, um ihre Finanzlage zu verbessern.

In der Tageszeitung
DIE RHEINPFALZ vom 18.06.2012 wurde dazu ein interesantes Interview mit dem Präsidenten des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz, Klaus Behnke, gebracht, der von den Kommunen mehr Sparsamkeit und wirtschaftliches Denken fordert. Wir leiten unseren Lesern dieses Interview im hier in Auszügen weiter:
 
Wo können sich die Bürgermeister und Landräte am wirkungsvollsten selbst helfen?
  • Es gibt einen bunten Strauß von Möglichkeiten, die Situation sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite zu verbessern. Einsparungen sind zum Beispiel oft bei den teuren Bau- und Straßenbauprojekten möglich. Oft lohnt es sich, dabei den Blick auf die Folgekosten zu richten.
Allein der Tarifabschluss 2012/2013 schlägt bei den Kommunen im Land mit 300 Millionen Euro Mehrausgaben zu Buche. Haben die Kommunen zu viel Personal?
  • Das kann man so nicht sagen. Im Zehn-Jahresvergleich hat sich an der Personalstärke in den Gemeindeverwaltungen nicht viel geändert. Im Bereich der Nebenhaushalte, also bei kommunalen Eigenbetrieben und Tochtergesellschaften, ist das Personal in dieser Zeit allerdings um etwa fünf Prozent aufgestockt worden. Das ist insbesondere in den großen Städten zu beobachten.
In welchen Bereichen könnte denn vor allem Personal eingespart werden?
  • Bei unseren Prüfungen finden wir Beispiele in allen Bereichen. Leistet eine Kommune den Reinigungsdienst besser selbst oder vergibt sie ihn extern? Wie viel Personal braucht man in einem Bauhof? Wir schauen uns auch immer wieder an, wie eine Gemeinde an der Spitze organisiert ist und regen an, auf den einen oder anderen Beigeordneten-Stuhl zu verzichten.
Was sind die Ursachen, Nachlässigkeit oder fehlendes Wirtschaftlichkeitsdenken?
  • Es ist ein bunter Mix, manchmal ist Nachlässigkeit im Spiel, manchmal Schlamperei, manchmal fehlende Sachkenntnis oder eine politische Vorgabe. Eine häufige Ursache ist fehlendes Wirtschaftlichkeitsdenken. Leider ist auch die Haltung verbreitet, über die Folgen meines Handelns muss ich mir nicht groß Gedanken machen, da letztlich andere dafür einstehen.
Heißt das, die Kommunen bräuchten mehr interne Kontrollen?
  • Interne Kontrolle ist für jede Organisation unverzichtbar. Die Landkreise und großen Städte haben ja eigene Rechnungsprüfungsämter, die wertvolle Arbeit erledigen. Unverzichtbar ist daneben auch eine unabhängige externe Finanzkontrolle.
Und welche Sparpotenziale gibt es. Haben Sie ein paar Beispiele?
  • Hätten wir bei den Kreisen nur jene Personalkosten wie sie in Kreisen über 150.000 Einwohnern Größe anfallen, könnten wir landesweit 30 Millionen Euro im Jahr sparen. Sachsen ist nach Einwohnern und Fläche etwa so groß wie Rheinland-Pfalz. Dort gibt es zehn Landkreise und keine 24. Dort sind lediglich zwei Prozent aller Ortsgemeinden kleiner als 1000 Einwohner, bei uns sind dies 70 Prozent. Der Zuschussbedarf für den Bereich der allgemeinen Verwaltung wäre in Rheinland-Pfalz etwa 250 Millionen Euro niedriger, würde man die sächsischen Strukturen übertragen. Das sind Dimensionen, auf die wir zielen sollten.
Wie können sich die Kommunen selbst mehr Einnahmen verschaffen?
  • Auf vielfältige Art über Gebühren und Beiträge. Würden die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern auf das Durchschnittsniveau aller Flächenländer angehoben, wären dies Mehreinnahmen von 140 Millionen Euro jährlich für die Kommunen im Land.
 (Das Interview führte Redakteur Arno Becker, Die Rheinpfalz, 18.06.2012)

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